Philosophicum Forum: Philosophie als Selbsterkenntnis
Vortrag von Prof. Dr. Axel Hutter (München)
„‚Erkenne dich selbst!‘ Das Gebot des delphischen Orakels hat wie kaum ein anderes die geistige Entwicklung der Menschheit bestimmt. Freilich ist die rätselhafte Abenteuerlichkeit, zu der es auffordert, längst hinter einem Schleier von vermeintlicher Vertrautheit verschwunden, so daß das Gebot zum Bildungsgut und zur gern zitierten Formel herabgesunken ist. Der Vortrag unternimmt daher den Versuch, die ursprüngliche Rätselhaftigkeit und Radikalität der menschlichen Frage nach sich selbst neu zu entdecken.
Dabei kommt es vor allem darauf an, den fundamentalen Unterschied deutlich zu machen, der zwischen den Fragen der Selbsterkenntnis und allen anderen Erkenntnisfragen besteht. Die Selbsterkenntnis kann nämlich nicht in Analogie zur vertrauten Erkenntnis von Gegenständen verstanden werden, weil das Selbst, das in der Selbsterkenntnis in Frage steht, nicht das Objekt, sondern das Subjekt der Erkenntnis ist, das nicht objektiviert werden kann. Mit anderen Worten: Das Subjekt gehört nicht zur Welt, sondern es ist eine Grenze der Welt (Wittgenstein).
Die These des Vortrags lautet deshalb: Selbsterkenntnis mündet
notwendigerweise in Philosophie und Philosophie muß als Selbsterkenntnis
begriffen werden. Denn die Entdeckung einer qualitativen Differenz zwischen
Selbstsein und Objektsein führt zu einer ‚Revolution der Denkart‘ (Kant), in
der sich die Eigenlogik der Selbsterkenntnis von der Vorherrschaft der
Objekterkenntnis emanzipiert und einen genuin kritischen Begriff von
Philosophie begründet.“
Prof. Dr. Axel Hutter studierte Philosophie, Germanistik, Musikwissenschaft sowie Medizin an der Freien Universität in Berlin. Dort erfüllte er auch seinen ersten Lehrauftrag. Weitere Stationen seiner akademischen Laufbahn waren Bochum und München, wo er seit 2006 einen Lehrstuhl für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität innehat.
Eine Veranstaltung der Heinrich Barth-Gesellschaft
Eintritt: CHF 20.00/12.00